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Der gute alte Geschäftsplan

Der gute alte Geschäftsplan – neuhochdeutsch: Businessplan – stirbt aus. Viel zu umfangreich, unnötig detailliert und zum Zeitpunkt des Ausdruckens schon veraltet, so lautet sein Todesurteil. Moderne leichtgewichtige Ansätze der Unternehmensplanung wie Business Canvas und Lean Startup versprechen eine Geschäftsplanung auf einem einzigen Poster, die noch dazu vorläufig sein darf.

Nun, besser als gar kein Plan. Ich jedoch habe mir 2012 für meine Gründung einen Geschäftsplan nach der Vorlage des BMWi erstellt und überarbeite ihn einmal jährlich im Jahreswechsel-Retreat. Da ziehe ich mich über die Feiertage aufs Land zurück, ziehe Bilanz und arbeite die Erkenntnisse des Jahres in meine Strategie ein. Ganz freiwillig. Als Dozentin sollte ich selbst praktizieren, was ich lehre, nämlich planvolles Vorgehen. Und umgekehrt lehren, was sich bei mir bewährt hat. Der Geschäftsplan gehört dazu. Auch für Freiberufler und Kleinstunternehmen ist er ein nützliches Werkzeug der Unternehmensplanung und -steuerung.

Hier meine Erfahrungen damit:

Immer noch leichtgewichtig: Mein Geschäftsplan hat 10 Seiten. Er dokumentiert wirklich alles in Kürze: Rechtsform, Unique Selling Points, Zielmarkt, Konkurrenten und Geschäftspartner, Marketing-Plan, Investitionsplanung und Preiskalkulation, Risikobetrachtung. Diese Knappheit ermöglicht die Konsistenz des Inhalts. (Nicht wie in einem Großkonzern, wo viele Köche an den einzelnen Themen arbeiten.) Aus dem Geschäftsplan leite ich meine Strategie her. Diese besteht aus konkreten Aufgaben mit Terminen, und diese landen direkt auf meinen To-do-Listen. Dieses Vorgehen ist immer noch leichtgewichtig: 10 Seiten Geschäftsplan plus die To-do-Listen.

Das Geschäft bleibt trotzdem flexibel: Der Geschäftsplan beschreibt nicht, was ich die nächsten 12 Monate tun werde, sondern nur, was ich anbiete. Welche meiner Angebote angenommen werden, bestimmt der Markt. Zusätzlich tun sich regelmäßig unerwartete Chancen auf, denn die Kunden warten ja nicht nur passiv auf Angebote, sondern suchen selbst, was sie brauchen. Da es so schrecklich viele Chancen gibt, hilft der Geschäftsplan bei der Auswahl. Gerade als Freiberufler kann man nicht beliebig viele Projekte durchführen. Der Tag ist so kurz!

Geschäftsplan als Machbarkeitsstudie

Geschäftsplan als Machbarkeitsstudie: Während der gedanklichen Simulation der Geschäftsidee beim Schreiben des Geschäftsplans stellt sich manche begeisternde Idee leider als nicht machbar heraus oder zumindest als finanziell nicht profitabel. Gut, wenn man das schon bemerkt, bevor man Zeit und Geld in die Umsetzung verschwendet.

Risikomanagement: In einem Fall, wo die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nur Verluste errechnete, beschloss ich dann, das Projekt trotzdem durchzuführen, aber in verkleinerter Form als Non-Profit-Hobby. Ich schrieb also den Geschäftsplan um und rechnete neu durch. Das Projekt funktioniert nun seit über 10 Jahren fast kostendeckend – aber nur, weil ich von Anfang an auf Angestellte und Hochglanzschnickschnack verzichtete. Da man dasselbe Geschäft so oder so aufziehen kann – mit oder ohne Mitarbeitern, mit verschiedenen Zielgruppen, Vertriebswegen und Umsatzzielen – hilft der Geschäftsplan, gleich von Anfang an in angemessener Größenordnung zu beginnen und die vorhersehbaren Risiken zu vermeiden.

Recherche-Checkliste und Wissensmanagement: Unterhält man sich mit Unternehmensgründern und stellt interessierte Fragen, stößt man früher oder später auf Recherchebedarf. Da kennt der Unternehmer in spe noch nicht die Marktpreise und Vertriebswege, den Stand der Technik bei den Zielkunden oder mit welchen Konkurrenten er verglichen werden wird. Diesen Fragen weicht er gerne aus mit: „Das sieht man dann“. Also nach der Unternehmensgründung, nach Aufsetzen der Webseite, nach Produktentwicklung? Dann ist es zu spät! Wie gesagt: Man kann dieselbe Geschäftsidee auf verschiedene Weisen aufziehen. Einmal entschieden, muss alles was man tut – die Farbe der Webseite, die Machart des Logos, die Veranstaltungen, auf denen man für sich wirbt – auf die Strategie angepasst sein. Zuerst muss der Geschäftsplan gründlich durchdacht sein und sich glatt lesen. Und darauf aufbauend entsteht alles weitere: Produkt, Außenwirkung, Vorgehensweise.

„Puh, so viele Kapitel! Was die alles wissen wollen!“ Es ist gut so, dass dieses Dokument den Unternehmensgründer dazu zwingt, gründliche Recherchen durchzuführen – auch in den Bereichen, die ihn persönlich wenig interessieren. Richtige Geschäftsentscheidungen entstehen nicht allein durch Bauchgefühl, sondern auf der Grundlage von Fakten. Natürlich garantiert eine ordentliche Recherche noch keinen Geschäftserfolg, aber sie kann offensichtliche Risiken frühzeitig aufdecken. Jede Wissenslücke bedeutet ein Geschäftsrisiko. Dass man im Stile vom „Lean Startup“ nach der Gründung ständig dazu lernt und sich verbessert, muss natürlich so sein. Auch der Geschäftsplan muss mindestens jährlich angepasst werden, anfangs sogar öfter. Dadurch dass er der Realität hinterher schleicht, wird er aber nicht sinnlos, sondern dokumentiert den aktuellen Kenntnisstand des Unternehmens.

Kurz und gut: „Plans are nothing, planning is everything“ (Eisenhower).

Geschäftspläne und Projektpläne kann man mit Landkarten vergleichen. Jeder hat sich schon verlaufen, und dann hilft der Plan, wieder auf den richtigen Weg zurück zu kehren. Manchmal weicht der Plan tatsächlich von der Landschaft ab, aber dann zeichnet man die Mauer oder den Schleichweg eben noch mit Kugelschreiber dazu. Kein Grund, ganz ohne Karte durch unbekanntes Gelände zu wandern.

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