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Finanzkrise: Auswirkungen auf den IT-Projektmarkt

Finanzkrise: Auswirkungen auf den IT-Projektmarkt

Finanzkrise: Auswirkungen auf den IT-Projektmarkt

Längst ist die Finanzkrise auch bei uns in Deutschland angekommen. Die Medien berichten fortlaufend über neue Ausmaße der Krise und deren Auswirkungen auf deutsche Unternehmen. Denn inzwischen ist nicht mehr nur die Finanzwirtschaft betroffen. Auch auf dem IT-Projektmarkt ist die Rezession in einigen Branchen deutlich spürbar. Bereits jetzt werden erste Projekte aufgeschoben oder ganz gestrichen. Viele IT Spezialisten blicken besorgt auf das kommende Jahr 2009. Doch wie sehr wird der Projektmarkt im kommenden Jahr von der Finanzkrise wirklich getroffen?

Wir haben Herrn Dr. Bisping, den Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Selbständige in der Informatik (BVSI) gefragt, wie er die aktuelle Lage beurteilt und welche Chancen und Risiken er für die kommenden Jahre sieht.

SOLCOM: Herr Dr. Bisping, die Finanzkrise hat die internationalen Märkte und damit auch viele global vernetzte (deutsche) Unternehmen teils schwer getroffen. Leiden der IT-Projektmarkt und die IT-Freiberufler mittlerweile auch unter den Auswirkungen der Krise?

Dr. Bisping: Auf jeden Fall. Besonders deutlich werden die Auswirkungen auf den Projektmarkt dadurch, dass die Kunden im Allgemeinen zurückhaltender geworden sind. Budgets werden eingefroren, Projekte werden gestoppt. In einigen Branchen passiert dies sogar auffällig oft.

SOLCOM: Welche Branchen sind das?

Dr. Bisping:
Der Projektmarkt in der Automobilbranche leidet derzeit enorm. Beim BVSI melden sich immer wieder Mitglieder, deren Projekte aufgeschoben oder komplett gecancelt wurden. Viele gute Jobs sind mittlerweile weggefallen und der Projektmarkt erlebt hier derzeit eine Rezession ohne Aussicht auf nachhaltige Besserung. Ich denke, dass die Krise hier noch 2009 und vielleicht auch noch 2010 deutlich spürbar sein wird.

SOLCOM:
Sieht es denn derzeit in anderen Branchen besser aus?

Dr. Bisping: Einige Branchen werden sehr wahrscheinlich deutlich schneller wiederbelebt werden. Nehmen wir einmal die Finanzbranche. Die Banken haben gewisse Zwänge, was ihre IT-Infrastruktur angeht. Auch in Zeiten der Rezession muss hier alles auf dem neuesten Stand sein. Hinzu kommt, dass Banken immer öfter fusionieren werden und ihre Prozesse dadurch aufeinander abstimmen müssen. Dadurch entsteht ein Handlungsdruck für die Banken, da sie beispielsweise nicht zwei Verwaltungen oder zwei Marketingabteilungen finanzieren werden. Hier müssen Systeme zusammengelegt werden und dies werden weiterhin hochqualifizierte IT-Freiberufler erledigen.

SOLCOM: Könnten aus der Finanzkrise vielleicht sogar Chancen für selbstständige IT-Berater entstehen?

Dr. Bisping:
Da bin ich zuversichtlich, ja. Sobald sich der Markt etwas entspannt hat, werden die Unternehmen sich damit beschäftigen, wie die Finanzkrise innerhalb kürzester Zeit solche Auswirkungen hinterlassen konnte. Sie werden also auf Fehlersuche gehen. IT-Freiberufler könnten dann eine besonders wichtige Rolle einnehmen, da sie beispielsweise Berichtssysteme entwickeln können, die den Unternehmen zu Zeiten der Krise offenbar gefehlt haben. Chancen können für IT-Spezialisten aber eben auch dadurch entstehen, dass auch die IT-Strukturen entsprechend angepasst werden müssen, wenn Unternehmen wirtschaftlich schrumpfen.

SOLCOM: Wie lange wird es dauern, bis sich die Märkte entspannt haben?

Dr. Bisping: Das ist natürlich schwer zu sagen. Ich denke jedoch, dass die Unternehmen ihre momentane Unsicherheit und daraus resultierende Zurückhaltung bei Investitionen mittelfristig ablegen können und dann auch wieder verstärkt für Aufträge im IT-Projektmarkt sorgen werden. So lange bleibt die Lage allerdings weiterhin schwierig.

SOLCOM:
Besteht bei den BVSI-Mitgliedern Furcht vor Rückschlägen durch die Finanzkrise?

Dr. Bisping: Nein, wahre Furcht kommt noch nicht auf. Die freiberuflichen IT-Spezialisten merken natürlich, dass die Situation am Markt sich verändert. Nehmen wir beispielsweise SAP-Berater: Sie haben immer gut bezahlte Jobs gefunden und waren gut ausgelastet. Angesichts der sinkenden Investitionsbereitschaft der Kunden jedoch wird nun wieder härter verhandelt. Die Kunden stehen auf der Sparbremse und entscheiden wieder mehr nach dem Preis. Grundsätzlich stellen wir beim BVSI leichten Pessimismus für die Zukunft fest.

SOLCOM: Hat der BVSI mit der Krise gerechnet?

Dr. Bisping: Aus Erfahrung wussten wir natürlich alle, dass die Situation nicht immer so positiv wie in den vergangenen Jahren bleiben würde. Wir haben unsere Mitglieder darum bereits in der Vergangenheit auf schwere Zeiten eingestellt. Wie es dem Markt geht, merken wir durch die Besucherzahlen auf unseren Vorträgen und Seminaren: Läuft es für die Freiberufler gut, haben wir weniger Besucher; läuft es schlecht, sind die Säle voll. Wir haben damals gesagt, dass sich die IT-Berater das Geld aus den guten Jahren zurücklegen sollten, da wir schlechte Zeiten vermuteten.

SOLCOM: Was sollten Freiberufler im Hinblick auf das Jahr 2009 jetzt unbedingt tun?

Dr. Bisping: 2009 wird ein schwieriges Jahr für uns alle. IT-Freiberufler sollten aber trotzdem nicht die Ruhe verlieren. Um erst einmal Sicherheiten zu schaffen, sollten sie sorgsam mit ihren finanziellen Mitteln umgehen. Das heißt: Reserven anlegen und laufende Kosten reduzieren. Darüber hinaus ist es nun wichtig, das eigene Profil zu überprüfen. Die wichtigen Selektionskriterien sollten überprüft und aktualisiert werden. Die Erweiterung der eigenen Skills ist auch jetzt wieder besonders wichtig. IT-Spezialisten sollten sich beispielsweise im Schnitt 2 Tage pro Monat Zeit für Schulungen nehmen, in denen die bereits vorhandenen Skills immer wieder erneuert und verbessert werden können. Das ist besonders in diesen schwierigen Zeiten sehr wichtig, um sich von der Masse abzuheben.

SOLCOM:
Herr Dr. Bisping, wir bedanken uns für dieses Gespräch.

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