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Gib mir Sinn – von wegen guter Führung

 Was war die Welt früher einfach: Der Chef gab die Anweisungen, die Mitarbeiter führten sie aus. Leistung zahlte sich in Barem aus, und der Job musste nicht sinnvoll sein, sondern die Existenz sichern. Diese Zeiten scheinen ein für allemal vorbei zu sein. Immer mehr Fachkräfte verlangen nach einer von innen kommenden, sogenannten intrinsischen Motivation, nach dem Gefühl von Anerkennung und Sinnhaftigkeit. Und die Generation Y, also die nach 1980 Geborenen, fordert auch noch Work-Life-Balance ein – sie ist auf Dauer nur zur Leistung bereit unter der Voraussetzung, dass genügend Freiraum für private Interessen und ein ausgefülltes Leben außerhalb der Arbeit bleibt.

Was muss eine Führungskraft von heute, aber auch ein Freiberufler, der beispielsweise ein Team im Rahmen eines IT-Projekts zum Erfolg führen will, denn noch alles können? Kommunikation und Technik des Storytellings beherrschen – und neuerdings auch noch Coach sein? Eine jüngst von Robert Half veröffentlichte Studie brachte ein bemerkenswertes Ergebnis: Da wünschten sich tatsächlich Dreiviertel der Befragten ein Karriere-Coaching vom Chef. Führungskräfte-Experten halten dies für grundlegend falsch. Ein Manager solle, ja müsse Coaching-Kompetenzen besitzen, ansonsten allerdings definiert sich Führung unter anderem mit „Verhaltensbeeinflussung im Sinne des Unternehmenserfolgs“. Und das ist Coaching definitiv nicht.

Führungsqualitäten für Freiberufler

Sicher ist: Auch für Freiberufler ist es ausgesprochen hilfreich, mit Führungsqualitäten zu punkten. Führung sei ein Handwerk, das leider selbst in MBA-Studiengängen nur unzureichend gelehrt werde, sagt Gudrun Happich, Führungsexpertin aus Köln. Kaum jemand könne von Anfang an und naturgegeben führen; man müsse es lernen.

Und der Lernstoff hat sich in jüngster Zeit gewandelt. „Die Herausforderung an moderne Führungskräfte liegt immer mehr darin, Orientierung zu geben und Sinn zu vermitteln“, so die Biologin und Inhaberin des Galileo.Instituts. Für Happich macht es keinen Sinn, dass viele Unternehmen immer noch fordern, dass eine Führungskraft zuvor Fachaufgaben übernehmen müsse. Vielmehr hält sie die Dreiteilung der Laufbahnen in Fach-, Projekt- und Führungskarriere für einen ersten wichtigen Schritt, um auch den Anforderungen der Wissensgesellschaft gerecht zu werden. Schließlich seien die Erwartungen an Innovationskraft und die Expertise von Mitarbeitern heute höher denn je.

Leistung und Leidenschaft versus Status und Anerkennung

Der Manager eines Expertenteams etwa müsse das Fachwissen seiner Mitarbeiter moderieren – er brauche kein eigenes beizusteuern. Aufgrund der gewachsenen Vielfalt des Wissens und Könnens sei es wichtig, verschiedene Laufbahnen als gleichwertig anzuerkennen. Ist eine Führungslaufbahn mit höherem Status verbunden als eine Expertenkarriere, was immer noch oft vorkomme, ziehe das Persönlichkeiten mit den falschen Motivationen an. Es gehe dann um berufliche Stellung und gesellschaftliche Anerkennung – und nicht mehr darum, seine Aufgabe mit Leistung und Leidenschaft zu erfüllen.

Nicht zuletzt aus dem Wandel der Arbeitswelt ergeben sich neue Anforderungen an Führung. Denn unsere Arbeitswelt ist mittlerweile so komplex, dass sie von einem „Manager“ allein nicht mehr zu beherrschen ist. Vertrauen statt Kontrolle ist die Basis nachhaltiger Führung. Gut ausgebildete Experten wollen und brauchen heute keine Führungspersönlichkeit, die ihre Existenzberechtigung in engmaschigen Kontrollen sieht.  „Ein kontrollbedürftiger, ins operative Detail schauender Manager – dessen Führungsstil wäre beim Management von Experten fehl am Platze“, sagt Heiko Hoeppener, Geschäftsführer bei PI Company, die auf Personalauswahl mit Testverfahren wie Big5 spezialisiert sind.

Auslaufmodell Kontrollfreak

Überhaupt verkörpere dieser Typus ein Auslaufmodell. So haben diverse Studien – wenig überraschend – nachgewiesen: Nicht nur Wissensarbeiter, sondern auch einfache Arbeiter und Angestellte arbeiten wesentlich zufriedener und effizienter, wenn ihnen Verantwortung übertragen wird. Ungeachtet dessen kann Führung in unterschiedlichen Zusammenhängen und Phasen sehr verschieden aussehen. Heiko Hoeppener: „Mal braucht man jemanden, der härter durchgreift, mal jemanden, der in der Lage ist, den Menschen Identifikation zu geben. Es kommt darauf an, situativ den geeigneten Führungsstil anzuwenden.“

Auch verschiedene Ebenen und Aufgaben verlangen verschiedene Persönlichkeiten. „Führungskraft ist nicht gleich Führungskraft, es gibt ganz unterschiedliche Menschen, die für unterschiedliche Situationen passend sind“, weiß Hoeppener.  Teamleiter wie etwa ein Freiberufler, der sich als Projektverantwortlicher beweisen muss, seien meist noch sehr nah dran an ihren Mitarbeitern beziehungsweise den Mitgliedern des Teams. Sie brauchten mitunter die fachliche Expertise: Nicht um zu führen, sondern um durch fachliche Kompetenz ernst genommen zu werden.

Werte und Sinn zu vermitteln wird eine fraglos immer wichtigere Fähigkeit, sagt Führungskräfteexpertin Martina Bandoly. Das allerdings geht nicht einfach so – und kann auch nicht auf der „Schulbank“ gelernt werden. Denn es setzt vor allem persönliche Reife voraus und kann nur vermittelt werden von jemandem, der in sich ruht und selbst klare Werte hat. „Klarheit über die eigenen Wertvorstellungen und Motive gibt allen Mitarbeitern Orientierung und Sicherheit“, so Bandoly.

Und die brauchen Experten ebenso wie die Generation Y und alle anderen. Und wenn sich ein Manager darüber im Unklaren ist? Dann braucht nicht der Mitarbeiter ein Coaching – sondern die Führungskraft.

Mehr Infos von den Professionals für Führung, die alle für Anfragen zur Verfügung stehen:

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