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Krank als Freiberufler – Unerwünschte Ausfälle

Krank als Freiberufler – Unerwünschte Ausfälle

Krank als Freiberufler – Unerwünschte Ausfälle

„Wär ich doch bloß angestellt!“ Wenn sie krank werden, kommen auch überzeugte Selbstständige und Freiberufler ins Wanken. Erst recht, wenn es sich um eine langwierige Krankheit handelt, die es Ihnen schwer macht, die bisherige Tätigkeit auszuüben – vielleicht sogar unmöglich.

Kai ist in so eine Situation gekommen. Im fünften Jahr seiner Selbstständigkeit bekam er Krebs, da waren alle Ansprüche auf Arbeitslosengeld I schon verwirkt. Für Arbeitslosengeld II hatte er dagegen viel zu viele Rücklagen. Während der Behandlung war an Arbeit kaum zu denken – da reichte das gesparte Geld auf dem Konto gerade noch. Aber auch danach sollte er eigentlich weniger arbeiten, kürzer treten, sagte der Arzt. Das war jedoch unmöglich, da Geld in die Kasse kommen und die Familie versorgt werden sollte. Auch Auftraggeber lassen sich bestenfalls auf eine Vier-Tage-Woche ein, nicht jedoch auf einen stundenweisen Wiedereinstieg, wie es die Deutsche Rentenversicherung bei Angestellten nach schwerer Erkrankung ermöglicht. An Bewerbungen war auch nicht zu denken – wer nimmt schon jemanden, der nicht voll einsatzbereit ist?

Jetzt nach einer Festanstellung zu suchen, machte also auch keinen Sinn. Was tun in solchen Situationen, an die kein Unternehmer denkt und die bei aller Freiheitsliebe und Selbstverwirklichung der größte Nachteil der Selbstständigkeit als Einzelunternehmen oder Freelancer ist?

Daten und Fakten

Wenn Sie in einer gesetzlichen Kasse versichert sind, dann haben Sie dort Anspruch auf ein Krankentagegeld ab dem 43. Tag. Während bei Angestellten in dieser Zeit der Arbeitgeber einspringt, müssen Selbstständige, die 42 vorherigen Tage selbst finanzieren. Alternativ gibt es Wahltarife. Die Konditionen sind flexibel: So haben Versicherte der Barmer die Wahl zwischen einer Zahlung vom 15. oder auch 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Je früher die Versicherung zahlt, desto höher der Beitrag. Auch die Höhe des Krankengelds kann vereinbart werden, jedoch dürfen Sie nur Ihr tatsächliches Nettoeinkommen versichern.

Besonders hohe Einkommen wie bei IT-Freiberuflern üblich, lassen sich auch nicht so ohne Weiteres absichern: Bei der Techniker Krankenkasse (TK) liegt die Höchstgrenze bei 200 Euro Krankentagegeld, die Barmer versichert sogar nur 70 Prozent des Einkommens, maximal 85,75 Euro pro Tag. Eine Karenzzeit gibt es nicht. Das bedeutet, dass Sie ab dem ersten Tag der Versicherung auch den Schutz genießen.

Einfluss auf den Tarif haben auch das Alter und eine mögliche Begrenzung der Leistungsdauer. Die Techniker beschränkt das Krankengeld in bestimmten Tarifen auf 26 Wochen innerhalb von drei Jahren, bei anderen Tarifen sind es 78 Wochen. Das heißt, jemand der in einer langwierigen Erkrankung steckt wie Kai hat ein Problem. Die Kosten für diese Versicherungen liegen zwischen 15 und 50 Euro im Monat.

Wer privat versichert ist, hat einen solchen Normaltarif nicht. Er muss alles extra versichern. Und erfahrungsgemäß ist es bei den privaten Kassen besonders schwer zu belegen, dass man nicht mehr in seinem Job tätig sein kann – erst recht bei „Wissensarbeitern“ in der IT. Ein Entwickler könnte mit gebrochenen Armen noch beratend tätig sein, für SAP-Berater sind Schulungen zumutbar. Die Versicherer zahlen aber nur, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit „in keiner Weise ausüben kann“ – also auch nicht mit dem Telefon in der Hand Anweisungen für seine Mitarbeiter erteilen kann. Was die Sache für Unternehmer mit Mitarbeitern besonders schwierig macht.

Für Kai, der privat versichert ist, gibt es keine Unterstützung. Da er zwar einen Schwerbehindertenausweis bekommt, aber keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente hat, muss er weiter sein Geld verdienen, auch wenn es gesünder wäre, kürzer zu treten. Selbständige erhalten nur dann die Erwerbsminderungsrente, wenn sie fünf Jahre Beiträge in die Rentenkasse gezahlt haben – und in den letzten drei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung müssen drei Jahre Pflichtbeiträge bezahlt worden sein. Die Erwerbsminderungsrente wird übrigens frühestens nach sechs Monaten gezahlt, so dass sie für vorübergehende Erwerbsminderung nicht interessant ist. Die Höhe hängt vom Bruttoeinkommen ab. Es sind rund 870 EUR bei voller Erwerbsminderungsrente (nur weniger als drei Stunden Arbeit täglich möglich) und die Hälfte bei halber Erwerbsminderungsrente (drei bis sechs Stunden).

Berufsunfähigkeitsversicherung als Lösung für Selbstständige und Freiberufler?

Bietet eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht mehr Sicherheit? Diese springt auch dann ein, wenn Sie wieder stundenweise arbeiten können. Allerdings ist eine Berufsunfähigkeit bei wissensorientierten Arbeiten wiederum schwierig nachzuweisen. Viele Tätigkeiten lassen sich eben auch mit gebrochenen Armen und Beinen und sogar „halbblind“ ausüben. Hinzu kommt, dass Personen, die in der Vergangenheit eine Psychotherapie gemacht haben, meist nicht versichert werden. Eine spezielle Versicherung für schwere Krankheiten nennt sich „Dread Desease“. Sie sichert zum Beispiel Krebs oder Schlaganfälle ab. Anders als bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung wird bei Eintreten einer der im Vertrag definierten Krankheiten kein Monatsbeitrag, sondern eine Einmalzahlung ausgelöst. Diese ist auch unabhängig davon, ob Sie nach der Krankheit wieder ganz oder teilweise arbeiten. Trotz der relativ hohen Kosten also manchmal die bessere Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung.

Wenn alle Stricke reißen und auch kein Privatvermögen (mehr) da ist, hilft nur noch ein Gang zum Jobcenter, der Arge, die hilfsbedürftigen Personen „Hartz IV“ gewährt.
Hilfe, soweit soll es nicht kommen? Mein Tipp als Unternehmensberaterin: Bauen Sie parallel zu einer projektorientierten Selbstständigkeit etwas Eigenes auf. Vielleicht entwickeln Sie mobile Applikationen oder vermitteln Personal. Das macht langfristig unabhängig von der eigenen Arbeit. Sollten Sie krank werden, können sie jemand anderen mit ihren Aufgaben betrauen und verdienen weiter. Mehr Tipps lesen Sie in meinem Buch „Survival-Guide für Selbstständige. Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben“ (Linde-Verlag), das ab 24.8. im Buchhandel erhältlich ist – und immer aktuell in meinem Blog unter www.svenja-hofert.de

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