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Stolperfallen für IT-Berater und Freiberufler

Immer wieder stolpern Existenzgründer, aber auch gestandene IT-Berater über Steuer- und Sozialversicherungsfallen, die fatale wirtschaftliche Auswirkungen haben können. Wer sich gut informiert und kompetent beraten läßt, kann diese Fallen vermeiden. Nachfolgend einige weit verbreitete Irrtümer und ihre Richtigstellung.

Gewerbesteuer entfällt durch Verrechnung

Dieser unter selbständigen Informatikern weit verbreitete Glaube ist falsch. Zwar gibt es in Abhängigkeit vom Hebesatz der Gemeinde und vom zu versteuernden Einkommen durchaus Fälle, in denen durch Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Eınkommensteuer keine zu zahlende Gewerbesteuer übrigbleibt. Ab einem Hebesatz von 380 Prozent ist dies aber nicht mehr der Fall.

Hinzu kommen die finanziellen Nachteile und der enorme zeitliche Zusatzaufwand für Gewerbetreibende, die nach wie vor wenig bekannt und mit folgenden Umständen verbunden sind: IHK-Pflichtmitgliedschaft, Doppelte Buchführung, Bilanzierungspflicht sowie buchhalterischer Nachteile und gegebenenfalls die Mitgliedschaft bei einer Berufsgenossenschaft.

Eine Vorausberechnung der Gewerbesteuer sollte daher nicht nur die Gegenwart, sondern auch die prognostizierte finanzielle Entwicklung berücksichtigen.

Datenbankadministratoren sind zwingend Gewerbetreibende

Das trifft nicht grundsätzlich zu, jedoch ist die Informatikszene durch ein neues Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln zunehmend verunsichert. Es ist das erste Mal, dass ein Gewerbeamt die Gewerbeanmeldung eines vom Finanzamt als Freiberufler eingestuften Informatikers vor einem Verwaltungsgericht durchsetzt. Bislang haben sich die Gewerbeämter regelmässig an die Beurteilung der Finanzämter beziehungsweise Finanzgerichte gehalten. Es ist zu befürchten, dass hier in Zeiten leerer Kassen eine Lawine ins Rollen kommt und die Gemeinden sich neue Wege für Steuereinnahmen erschließen.

Darüber hinaus gibt es weitere Tätigkeitsfelder, die gefährdet sind, als gewerblich eingestuft zu werden. Wichtig ist es daher, das eigene  Beratungsangebot sorgfältig auf eine Gewerbesteuerpflicht hin zu überprüfen.

Rückwirkende Anerkennung als Freiberufler ausgeschlossen

Es ist ein Irrglaube, dass verfristete Steuerbescheide nicht mehr angreifbar sind. Kann ein Informatiker so genannte neue Tatsachen vortragen, so kann er Bescheide angreifen, die auf einer Steuerklärung beruhen, die bereits vor bis zu vier Jahren abgegeben worden sein kann. Erfolgte zum Beispiel die  Abgabe der Steuererklärung für 2006 in 2008, so können neue Tatsachen bis zum 31.12.2012 erklärt werden.

Sofern Sie bereits Gewerbesteuer gezahlt haben, sollten Sie unbedingt prüfen, ob Sie dies aufgrund neuer Tatsachen revidieren können.

Existenzgründung ganz unbeschwert möglich

Ganz so einfach ist es nicht. Gegenüber dem Finanzamt ist zu klären, ob aufgrund der Tätigkeit, der Ausbildung und des ingenieurmässigen Vorgehens eine Freiberuflichkeit vorliegen kann. Eine Anerkennung kann wegen verwirrend vieler Finanzgerichts- und BFH-Urteile schwierig sein. Nicht zuletzt können Finanzbeamte die drei genannten Kriterien nur sehr schwer bewerten. Ähnliches trifft auf Scheinselbständigkeit und Rentenversicherungspflicht zu.

Hier ist es besonders wichtig, auf korrekte vertragliche Formulierungen zu achten, damit die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) bei einer Überprüfung des Status zu einem positiven Ergebnis für den Informatiker kommt. Denn eine Scheinselbständigkeit belastet den Vertragspartner im Nachhinein finanziell, und die Rentenversicherung bittet den Informatiker zur Kasse.

Vermeiden Sie Spätfolgen durch nicht mehr zu berichtigende formale Fehler. Angefangen mit der Anmeldung beim Finanzamt über Rechnungsinhalte, vertragliche Gestaltung, Internetauftritt und weitere Außendarstellungen – von Anfang ist stringent auf eine freiberufliche Darstellung der Beratungsinhalte zu achten.

Rentenversicherungspflicht stellt kein Problem dar

Mitnichten. Sollte bei einem selbständigen Informatiker eine Rentenversicherungspflicht vorliegen, bedeutet das Nachzahlungen an die DRB in Höhe von bis zu 24.000 Euro für  vier Jahre rückwirkend. Eine Überprüfung durch die DRB ist jederzeit möglich.

Vor Beginn einer selbständigen Tätigkeit ist zu prüfen, welche Strategie im Einzelfall als Lösung in Frage kommt. Grundsätzlich wichtig ist auch hier die strategische Ausrichtung des Unternehmens, um die relevanten Kriterien zu erfüllen. Für Existenzgründer gibt es nach wie vor die Möglichkeit einer Freistellung für die ersten drei Jahre der Selbständigkeit. Andere Möglichkeiten sind abhängig vom Einzelfall zu prüfen.

Unternehmerische Fehler sind reparabel

So ist es.  Es ist äusserst sinnvoll, bei einer Unternehmensgründung gerade die behördlichen Themen sehr sorgfältig zu gestalten. Sollte es trotzdem – auch weil viele Gründer nach dem Motto “wird schon gut gehen” starten – in Folge zu schmerzlichen finanziellen Forderungen seitens des Finanzamtes, der DRB, der IHK und/oder der Berufsgenossenschaften kommen – es gibt in der Regel immer Möglichkeiten zur Rettung der Situation.

Späteren Reparaturen vorzuziehen ist allerdings die Nutzung eines von der KfW bis zu 90 Prozent geförderten Existenzgründungscoachings (Existenzgründung Deutschland). Im Rahmen dieses Programms werden die genannten Problemfelder optimal gestaltet und mit Hilfe von Testaten in Richtung Behörden abgesichert.

Sollte eine Förderung zeitlich nicht mehr möglich sein, hilft die Erstellung eines Gutachtens, um die Finanzbehörde von der Freiberuflichkeit eines Informatikers zu überzeugen. Gleiches gilt sinngemäss für Scheinselbständigkeit und Rentenversicherungspflicht. Die Einbeziehung eines fachlich versierten Juristen ist fallbezogen sinnvoll.

Man sieht: Es gibt eine ganze Reihe von Stolpersteinen, die sowohl dem Existenzgründer als auch dem langjährig selbständigen Informatiker das Leben und seine wirtschaftliche Ausrichtung erheblich erschweren können. In mehreren weiteren Beiträgen, die wir in den nächsten Wochen an dieser Stelle veröffentlichen werden, bringen wir Licht in den Dschungel der vielen unterschiedlichen Informationen und Unsicherheiten.

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