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Rückwirkend Freiberufler: Steuern zurück!

Rückwirkend Freiberufler: Steuern zurück!

Rückwirkend Freiberufler: Steuern zurück!

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Selbstständige Informatiker, die bisher vor dem Finanzamt als gewerbesteuerpflichtig galten, haben seit 2006 die Möglichkeit, im Falle einer Anerkennung als Freiberufler nicht nur von der Gewerbesteuer entbunden zu werden, sondern sogar die bereits entrichtete Steuern rückwirkend zurückerstattet zu bekommen. Zusätzlich können hierbei 6% Zinsen pro Jahr gezahlter Gewerbesteuer zu Gunsten der IT-ler erwirkt werden.

Informatiker und Sachverständiger Peter Brenner erläutert, was möglich und nötig ist, um eine entsprechende Anerkennung als Freiberufler zu erzielen.

Informatiker schätzen die Chancen für eine rückwirkende Anerkennung nicht richtig ein

Viele Steuerpflichtige sind der Auffassung, dass Steuerbescheide, gegen die nicht fristgemäß Einspruch eingelegt worden ist, nicht mehr geändert werden können. Diese Ansicht ist nicht korrekt. Es gibt unter bestimmten Umständen sehr wohl rechtliche Mittel, auch einen an sich bestandskräftigen Bescheid anzugreifen und das Finanzamt zu veranlassen, diesen zu ändern oder aufzuheben und so eventuell Steuern erstattet zu bekommen. Voraussetzung dafür ist, dass gegenüber dem Finanzamt „neue Tatsachen“ vorgetragen werden können.

Nachweis einer ingenieurvergleichbaren Tätigkeit steht im Vordergrund

Es geht dabei um den Nachweis einer den Anforderungen entsprechenden Ausbildung, mindestens vergleichbar mit einem Studienabschluß als Diplom-Informatiker (FH), einer Tätigkeit im Bereich der Systemsoftwareentwicklung und der ingenieurvergleichbaren und ingenieurgemäßen Vorgehensweise. Häufig sind Informatiker der Ansicht, sie erfüllten diese hohen Anforderungen nicht und zahlen ärgerlich die Gewerbesteuer. Ergibt eine erneute Überprüfung des Status‘, dass es sich doch um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, dann sind diese Tatsachen dem Finanzamt strategisch glaubhaft zu machen.

Dabei kann auch ein sogenannter Autodidakt ein vergleichbares Wissen mit dem Absolventen einer Fachhochschule oder Universität nachweisen, wenn er eine Praxis von mindestens 10 Jahren besitzt. Bei einer geringeren praktischen Erfahrung kommt es auf den höchsten Schulabschluss, Zertifizierungen, Seminare und andere berufliche Erfahrungen an. Der Schwerpunkt der Tätigkeit sollte im Bereich der Systemsoftwareentwicklung liegen. Auch hier irren sich Informatiker und glauben, nicht in diesem Bereich zu agieren. Häufig ergibt eine erneute Analyse der Tätigkeit den überwiegenden Anteil an systemtechnischen Aufgaben.

Muss zwingend Systemsoftware entwickelt werden?

Verstärkt behaupten Finanzämter in den letzten Monaten, Software müsse zwingend neu entwickelt werden, um die Tätigkeit eines Beraters als freiberuflich anzuerkennen. Diese Ansicht ist sehr umstritten, zumal der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen nicht allein die Entwicklung von neuer Software als freiberuflich definiert hat. Informatiker sollten sich nicht von derartigen Behauptungen ihres Finanzamtes abschrecken lassen.

Wie ist eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu beweisen?

In seinen diesbezüglichen Urteilen hat der BFH, wie schon oft in der Vergangenheit, schwammige Definitionen vorgenommen. Damit bleibt es für die Finanzbeamten schwierig, die Einstufung eines Informatikers vorzunehmen. Weiterhin überwiegen subjektive einzelfallbezogene Entscheidungswege.

Das erste Problem taucht auf, wenn eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu lokalisieren ist. Welche Kriterien sind anzuwenden? Woran ist eine solche Tätigkeit erkennbar? Der BFH sagt dazu lediglich, dass die Aufgabe eines Ingenieurs ist, auf der Grundlage natur- und technik-wissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Belange technische Werke zu fertigen. Als Beweis genügt es nicht, dem Finanzamt zu erklären, dass eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, sondern es ist der Beweis durch z. B. Referenzen und Arbeitsproben zu führen. Diese Arbeitsproben müssen zu erkennen geben, dass deren Verfasser der Steuerpflichtige selbst ist. Das kann ein Problem sein, denn oft werden Dokumente mit dem Namen des Projektes, der Abteilung oder des Teams signiert. Es hilft nicht, zu behaupten, Arbeitsproben seien aus Datenschutzgründen nicht vorhanden oder dürften nicht vorgelegt werden. Wenn nicht bewiesen werden kann, kommt es zu einer Ablehnung der Freiberuflichkeit.

Hier drei der vielen möglichen Merkmale zur Erkennung einer klassischen ingenieurmäßigen Vorgehensweise laut BFH:

An diesen Parametern ist bereits erkennbar, wie schwierig es nach der reformierten BFH-Rechtsprechung für Finanzbeamte, Richter, Steuerberater und Rechtsanwälte sein dürfte, das sogenannte ingenieurmäßige und eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu erkennen und zu bewerten. Dann hilft die Erstellung eines Gutachtens.

Bis zu welchem Zeitpunkt ist eine rückwirkende Einstufung als Freiberufler möglich?

Ein Selbständiger, der seine Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2001 erst im Jahr 2003 abgab, hat bis Ende 2007 die Möglichkeit, eine rückwirkende Anerkennung als Freiberufler ab 2001 zu beantragen. Es gilt eine Frist von 4 Jahren ab dem Zeitpunkt der Abgabe der Gewerbesteuererklärung.

Welche strategische Vorgehensweise ist sinnvoll?

Der Steuerpflichtige sollte versuchen, sich direkt mit dem Finanzamt zu einigen. Klagen vor dem Finanzgericht verursachen jahrelange Laufzeiten und in vielen Fällen hohe zusätzliche Zinszahlungen, wenn die Klage verloren wird. Der Schlüssel zum Erfolg ist eine strategisch fundierte Beweisführung im Bereich der relevanten Informatikthemen. Die Anerkennung erfolgt nur über Beweise der Informatikausbildung, der Tätigkeit sowie ingenieurvergleichbare Vorgehensweise und nicht durch Argumentationsketten im juristischen oder steuerrechtlichen Bereich.
Die Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit trägt nach der Rechtsprechung des BFH der Steuerpflichtige. Mit einer methodisch ausgerichteten Beweisführung ist der Freiberuflerstatus erzielbar. Dann fallen neben der Gewerbesteuer, der IHK-Beitrag, Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Kosten für eine doppelte Buchführung sowie die Bilanzerstellung weg. Das spart Zeit und Geld. Kommt es zu einer rückwirkenden Einstufung als Freiberufler, ist es zusätzlich möglich, die IHK-Beiträge erstattet zu bekommen. Es lohnt sich deshalb, den Freiberuflerstatus anzustreben. Die Erfolgsaussichten sind bei einer stringent methodischen Darstellung als hoch zu bezeichnen. Suchen Sie sich gegebenenfalls einen professionellen Ratgeber.

Leseraktion:
Herr Brenner steht den Lesern des SOLCOM Newsletters für ein kostenloses Telefonat zur Verfügung. Dabei erfolgt in einem zeitlichen Rahmen von ca. 20 Minuten die Prüfung der Aussichten für eine Anerkennung als Freiberufler und die Festlegung der erforderlichen Schritte beim Finanzamt.

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