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Scheinselbständigkeit und unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung: Ein doppeltes Risiko für Auftraggeber?

Seit einiger Zeit beobachte ich eine zunehmende Nervosität und teilweise sogar Panik bei Unternehmen, die mit Selbständigen zusammenarbeiten. Im Zuge dieser Entwicklung höre ich auch immer wieder, dass manche Firmen keine Selbständigen mehr engagieren möchten sondern eine Zusammenarbeit nur noch über Arbeitnehmerüberlassung anstreben.
Ich halte dies für einen Irrweg, der sich bei näherer Betrachtung weder tatsächlich noch rechtlich als sinnvoll darstellt.

Risiko Scheinselbständigkeit

Sofern ein Selbständiger eine Leistung erbringt, besteht latent stets das Risiko, dass dies nicht als selbständig sondern als sozialversicherungspflichtig beurteilt wird. Dieses Risiko ist zu 100% nicht auszuschließen.
Nach meiner Erfahrung in diesem Bereich seit 1999 stelle ich aber fast jeden Tag aufs Neue fest, dass dieses Risiko erheblich minimiert werden kann.
Das beginnt bei den vertraglichen Vereinbarungen geht über die konkrete Zusammenarbeit bis hin zu den Umständen der Leistungserbringung.
Und: Gerade in der IT- und Unternehmensberatung finden wir im Regelfall die Situation „Selbständiger – Agentur – Endkunde“ vor.

Wenn man nun weiß, dass sich die DRB ausschließlich für das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Selbständigen, also zwischen den unmittelbaren Vertragsparteien, interessiert, wird deutlich, dass der Endkunde allein dadurch geschützt wird! Ich habe jedenfalls in meinen bisherigen rund 1.000 Verfahren gegen die DRB noch in keinem Fall erlebt, dass die DRB auch nur versucht hätte in der oben genannten Konstellation den Endkunden in Anspruch zu nehmen.

Risiko unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung bedeutet zunächst einmal, dass einen Arbeitnehmer zum Überlassen gegeben muss. Da nach meiner Erfahrung fast alle selbständigen IT- und Unternehmensberater aus Überzeugung selbständig sind, werden diese sich regelmäßig nicht zu Arbeitnehmern machen lassen wollen.
Und auch das Risiko einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung wird meines Erachtens von den Unternehmen falsch eingeschätzt. Richtig ist zwar, dass in der oben erwähnten Konstellation „Selbständiger – Agentur – Endkunde“ bei Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung und dem Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beim Verleiher – also der Agentur – die Rechtsfolge eintritt, dass der Entleiher – also der Endkunde – zum Arbeitgeber des Selbständigen wird.

Jedoch: Dies interessiert die DRB in keinster Weise! In keinem meiner bisherigen Verfahren gegen die DRB war dies anders.
Das Thema Arbeitnehmerüberlassung kann nur auf zwei Wegen relevant werden: Entweder dann, wenn der Zoll mit im Spiel ist, da der Zoll seine Erkenntnisse nicht nur an die DRB sondern auch an die Staatsanwaltschaft abgibt. Hier könnten dann die strafrechtlichen Aspekte der Scheinselbständigkeit inklusive unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung zum Tragen kommen. Hat allerdings die Agentur selbst die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung fällt dieser „Anklagepunkt“ selbstverständlich weg, denn dann wäre es ja nicht mehr unerlaubt geschehen!

Der andere Weg, auf dem ein Unternehmen mit dem Thema Arbeitnehmerüberlassung konfrontiert werden könnte, wäre der Weg über die Arbeitsgerichte. Dies setzt aber voraus, dass ein Selbständiger eine entsprechende sogenannte Statusklage erhebt, um feststellen zu lassen, dass er eigentlich Arbeitnehmer ist. Und auch dies nur dann, wenn der Selbständige nicht die Agentur sondern den Endkunden verklagt.

Das jedoch – wie bereits erwähnt – fast alle selbständigen IT- und Unternehmensberater aus Überzeugung selbständig sind, ist dies nach meiner Erfahrung sehr unwahrscheinlich. Und: Wo kein Kläger, da kein Richter!
Ich selbst habe jedenfalls in den lezten 15 Jahren lediglich drei derartige Verfahren begleitet. Somit halte ich das Risiko unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung in diesem Zusammenhang für gänzlich überbewertet.

Fazit

Das Problem Scheinselbständigkeit ist weiter akut. Die Risiken sind bekannt und lassen sich erheblich minimieren!
Das Problem unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung ist nicht wirklich akut. Und auch dieses Risiko lässt sich reduzieren!
Einen „Königsweg“ für die Zusammenarbeit mit Selbständigen gibt allerdings leider (bislang) nicht!

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