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Schein oder nicht Schein – Scheinselbstständigkeit im Fokus

Das Thema Scheinselbstständigkeit im IT-Bereich wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRB) ganz offensichtlich wieder neu entdeckt. Dies ist einerseits erstaunlich, da seit 2003 die DRB wieder in jedem Einzelfall die volle Beweislast für die Scheinselbstständigkeit trägt und die ursprünglich im Gesetz enthaltenen diesbezüglichen Kriterien wieder gestrichen wurden. Andererseits sucht die DRB ganz offensichtlich verzweifelt neue Beitragzahler – und da diese in nicht ausreichender Anzahl freiwillig kommen, möchte sich die DRB diese Beitragszahler quasi selber schaffen. Das passende Werkzeug dafür findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB) und heißt Sozialversicherungspflicht und Rentenversicherungspflicht.

Was sind Anhaltspunkte für eine Selbstständigkeit?

Bei der Scheinselbstständigkeit geht es um die Frage, ob zwischen Auftraggeber und Selbstständigen ein freies Mitarbeiterverhältnis oder eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Im Gesetz findet sich dazu eine eher dürre Definition: „Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“ (§ 7 Abs. 1 SGB IV).

Demnach kann also selbst bei einer Eingliederung und Weisungsgebundenheit nicht zwangsläufig eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angenommen werden: Beide Aspekte werden vom Gesetzgeber explizit lediglich als „Anhaltspunkte“ bezeichnet.           

Für eine selbstständige Tätigkeit spricht beispielsweise, dass der Selbstständige

Diese und weitere Aspekte muss die DRB eigentlich in jedem Einzelfall prüfen und bezüglich einer eventuellen Scheinselbstständigkeit bewerten. Tatsächlich zeigt die Praxis, dass im Wesentlichen auf die beiden Aspekte Eingliederung und Weisungsgebundenheit Bezug genommen wird.

Was bei der Frage nach Scheinselbstständigkeit gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund hilft

Zunächst einmal kommt in diesem Zusammenhang den Verträgen eine erhebliche Bedeutung zu. In diesen sollten keine Regelungen und Formulierungen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen könnten, enthalten sein. Grundsätzlich gilt: Je weniger geregelt ist, desto besser. Ich halte daher im Übrigen die häufig verwendeten Präambeln, wonach die Vertragsparteien bewusst keinen Arbeitsvertrag begründen wollen, jeder Partei für sich selbst verantwortlich sei etc. nicht nur für nicht hilfreich, sondern für kontraproduktiv. Derartige Formulierungen stoßen die DRB geradezu darauf, dass die Parteien es offensichtlich für möglich halten, dass ihr Vertrag als Arbeitsvertrag interpretiert werden könnte. Im Übrigen entfalten derartige Absichtserklärungen kaum rechtliche Wirkung.

Neben der vertraglichen Seite kommt der praktischen Ausgestaltung der Tätigkeit große Bedeutung zu:

Der Selbstständige sollte versuchen, seine besondere Rolle und Position deutlich zu machen und zu dokumentieren. So belegen beispielsweise Stundenaufschreibungen, die meist unregelmäßige Stundenzahlen aufweisen, eine individuelle Ausgestaltung der Arbeitszeit. Auch sollten – sofern möglich – Tätigkeiten nicht nur beim Endkunden vor Ort sondern auch zu Hause oder im eigenen Büro erbracht werden, um den Verdacht auf eine Scheinselbstständigkeit auszuräumen.

Eine Empfehlung zum Schluss

In keinem Fall sollte ein Selbständiger im Zusammenhang mit Scheinselbstständigkeit Schreiben oder Fragebögen der DRB ohne rechtliche Beratung beantworten. Aus der Praxis weiß ich nur zu gut, dass hier– nicht zuletzt aufgrund der teilweise unklaren Fragestellungen und Formulierungen der DRB – häufig unbeabsichtigt falsche Antworten gegeben oder für die Beurteilung der Scheinselbstständigkeit wichtige Angaben nicht gemacht werden. Daher ist hier eine fachliche Unterstützung unabdingbar.

 

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