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Wenn Freiberufler auseinander gehen – Gesellschafterstreitigkeiten aus der rechtlichen Perspektive

Wie Gewerbetreibende schließen sich auch Freiberufler in Gesellschaften zusammen. Meist sind es Personengesellschaften wie die GbR oder die Partnerschaftsgesellschaft, die das rechtliche Gerüst bilden. Trotz aller guten Vorsätze bei der Gründung, halten solche Zusammenschlüsse nicht für die Ewigkeit – und in vielen Fällen führen Streitigkeiten letztlich zur Trennung. Solch ein Gesellschafterstreit kann heftig werden. „Wettrüsten“ ist nicht nur ein Phänomen der großen internationalen Politik. Studien belegen, dass auch die Gesellschafter bei gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungen hoch gerüstet gegeneinander vorgehen. Die Zahlen der gesellschaftsrechtlichen Gerichtsverfahren in vergangenen Jahren haben sich vervielfacht. Die Komplexität eines Gesellschafterstreits liegt insbesondere in der Mehr- oder Vielzahl von Parteien und Organen mit individuellen Kompetenzen und Interessen. Überdies gibt das Personengesellschaftsrecht (wie auch im GmbH-Recht) nur wenige Rechtssicherheit bringende Vorschriften, die die gesellschaftsrechtliche Prozessführung regeln. Höchstgerichtlich sind immer noch viele Fragen der sogenannten Corporate Litigation unbeantwortet. Ohne die Unterstützung durch spezialisierte Fachanwälte für Gesellschaftsrecht und Steuerberater lässt sich ein solcher Gesellschafterstreit daher kaum erfolgreich durchstehen.

Priorität hat die Information über wichtige Verhältnisse

Die richtige Planung von Angriffs- und Verteidigungsstrategien im Rahmen eines aufkommenden Gesellschafterstreits setzt die genaue Kenntnis der bestehenden Beteiligungs- und Machtverhältnisse der einzelnen Akteure und Gesellschaftsorgane voraus. Empfehlenswert ist die Prüfung mindestens folgender Unterlagen:

Schließlich sind Informationen über „Schwachstellen“ im Lager des Gegners sowie eine möglichst genaue Einschätzung der finanziellen Ressourcen der Beteiligten für eine Gesellschafterauseinandersetzung von großer Relevanz.

Klassische Angriffsmaßnahmen gegen Mitgesellschafter

Ein Angriff auf die Position eines Mitgesellschafters stellt meist eine Reaktion auf nachhaltige Pflichtverletzungen dieses Mitgesellschafters dar. Einem Gesellschafter, der z.B. Gelder der Geselsllschaft veruntreut, kann mit einem Gesellschafterausschluss begegnet werden. Der angreifende Gesellschafter sollte sich jedoch bei der Wahl seiner Mittel grundsätzlich auf das rechtlich Durchsetzbare konzentrieren. Unüberlegten Androhungen extensiver Eingriffe droht das schnelle gerichtliche Aus (z.B. durch einstweilige Verfügungen).

Auch im Rahmen von Gesellschafterauseinandersetzungen richten sich Angriffe nicht ausschließlich gegen andere Mitgesellschafter, sondern auch gegen Geschäftsführer und Geschäftsführermaßnahmen. Durch die Schwächung bestehender Geschäftsführungsbefugnisse eines Geschäftsführers, der im Lager des feindlichen Mitgesellschafters steht, könnte der angreifende Gesellschafter – zumindest faktisch – Einfluss auf das operative Geschäft der Gesellschaft gewinnen.

Ein Gesellschafterstreit unter Freiberuflern mündet in aller Regel in Gesellschafterversammlungen, in denen der Ausschluss der gegnerischen Gesellschafter beschlossen wird. Der wirksame Beschluss und Vollzug eines Gesellschafterausschlusses stellt sehr hohe Anforderungen an die Angriffsdurchführung. Hohen Druck können eine Auflösungsklage oder bei entsprechend schlechter Finanzlage der Gesellschaft ein Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erzeugen. Bei entsprechend guter Vermögens- und Vertragslage kann ein opportuner Gesellschafterangriff auch im eigenen Austritt des Angreifers (ggf. aus wichtigem Grund) liegen. Tritt ein Gesellschafter durch Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses aus einer Gesellschaft aus, steht ihm immer ein Abfindungsanspruch zu. Die Realisierung eines hohen Abfindungsanspruchs kann im Einzelfall einem jahrelangen und teuren Streit im Gesellschafterkreis und ggf. einer Blockade des operativen Betriebs vorzuziehen sein.

In der Praxis übliche Verteidigungsstrategien

Angriffe auf die Position eines Gesellschafters oder Geschäftsführers erfolgen oftmals über die Gesellschafterversammlung, die viele Maßnahmen beschließen kann. Sind die Angriffsmaßnahmen, wie Abberufungs- oder Einziehungsbeschlussanträge, mit Ladungsmängeln oder Mängeln bei der Ankündigung der Tagungsordnungspunkte verbunden, sollte die Verteidigung einen „feindlichen“ Mehrheitsbeschluss – ggf. mit einstweiligen Verfügungen – verhindern.

Haben sich die Freiberufler in einer GmbH zusammengeschlossen, bietet auch das GmbH-Recht rechtliche Optionen. So sollte z.B. in einer GmbH-Gesellschafterversammlung der angegriffene Gesellschafter in der Regel gegen die vom Angreifer vorgeschlagene Person des Versammlungsleiters und seine Beschlussfeststellungskompetenz votieren. Eine fehlende Beschlussfeststellungskompetenz führt zur Verlagerung der Klagelast zugunsten des Verteidigers. Wenn die Angriffsmaßnahmen und das Beschlussergebnis vom Versammlungsleiter nicht formell festgestellt werden kann, liegt die Klagelast bei der GmbH. Diese muss mittels positiver Feststellungsklage die wirksamen Angriffsmaßnahmen gerichtlich bestätigen lassen.

Eine effektive Verteidigungsinitiative ist im Vorfeld der Gesellschafterversammlung das Nachschieben von Tagesordnungspunkten. Mit wechselseitigen Ausschluss- oder Abberufungsbeschlüssen kann insbesondere im paritätisch struktuierten Gesellschafterkreis ein rechtliches Patt durch den Verteidiger hervorgerufen werden.

Muss der Verteidiger eine einstweilige Verfügung durch den Angreifer fürchten, gibt es nur eine angemessene Reaktion: die bei allen zuständigen Gerichten zu hinterlegende sog. Schutzschrift. Mit der Schutzschrift lässt sich der Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne Beteiligung des Verteidigers abwenden.

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