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Zeitmanagement und Projektmanagement

Management ist eine Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, wie man knappe Ressourcen so einsetzt, um damit das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Beim Zeitmanagement managt man die knappe Ressource Zeit, die einem durch die Hände gleitet, ganz egal, ob man sie sinnvoll nutzt oder ungenutzt verstreichen lässt. Es geht genau genommen um zwei Arten von Zeit: die Kalenderzeit, die verfließt, und die Arbeitszeit.

Aus Sicht des Einzelnen entspricht eine Woche Kalenderzeit 40 Stunden Arbeitszeit (oder auch entsprechend mehr), und das sind die Ressourcen, die auf die Aufgaben zu verteilen sind. Indem man die Wochenarbeitszeit erhöht, kann man in derselben Kalenderzeit mehr Arbeitszeit unterbringen und somit auch mehr Ergebnisse erzeugen.

Zeitmanagement macht der Einzelne, Projektmanagement der Projektleiter

Der Projektleiter dagegen hat mehr Freiheitsgrade, da er die zu erledigende Aufgabe auf mehrere Personen verteilen kann. Hauptziel des Projektleiters ist jedoch nicht das Management von Zeit, sondern der im Projekt zu erledigenden Aufgaben. Er verteilt diese Aufgaben auf die vorhandenen Mitarbeiter/innen und deren Arbeitszeit so, dass das Projekt am Ende pünktlich und im Budget fertig wird. Dabei muss er noch die logischen Abhängigkeiten zwischen den Aufgaben berücksichtigen, aber das gilt für das Zeitmanagement genauso.

Abbildung 1: Netzpläne von drei Projekten

Abbildung 1 zeigt die schematischen Netzpläne von drei beispielhaften Projekten: Das blaue ist rein sequenziell, das heißt, die drei zu erledigenden Aufgaben können nur eine nach der anderen bearbeitet werden. Auch das grüne Projekt ist sequenziell. Hier gibt es allerdings zwei Aufgaben, die hier breiter dargestellt sind, an denen zwei Personen gemeinsam arbeiten müssen. Dies gilt es zu koordinieren. Beim gelben Projekt kann vieles parallel passieren, nur zwischen zwei Aufgaben besteht eine Abhängigkeit.

Der bzw. meist die Projektleiter (für jedes Projekt einer) verwalten üblicherweise nicht die Zeit ihrer Mitarbeiter, sondern verteilten die Aufgaben einfach top-down (von oben herab) so, dass sie aus ihrer Sicht realistisch geplant sind. Der Projektleiter kommuniziert an die Mitarbeiterin den Inhalt der Aufgabe, ihr Budget in Arbeitszeit und den gewünschten Endtermin.

Nun macht die Mitarbeiterin ihre Zeitplanung und prüft, ob die Aufgaben, die sie für verschiedene Projekte zu erledigen hat, aus ihrer Sicht in der verfügbaren Zeit überhaupt machbar sind. Falls sie Probleme bemerkt, meldet sie diese bottom-up rechtzeitig an den oder die Projektleiter.

Zeitmanagement und Projektmanagement planen in verschiedenen Dimensionen

Das Bisherige mag so klingen als würden Zeitmanagement und Projektmanagement einfach nur auf verschiedenen Ebenen stattfinden: Der Projektleiter macht die Grobplanung auf Projektebene und die Mitarbeiterin macht die Detailplanung für ihre Aufgaben. Der Projektleiter plant top-down, die Mitarbeiterin bottom-up.

Ganz so einfach bleibt es jedoch nicht. Schließlich sind Projektaufgaben leider keine Bauklötze, die man den Mitarbeitern in die Hand drückt, diese reihen sie hintereinander und sehen zu, ob sie in ihre Arbeitszeit von Montag bis Freitag hinein passen und Punkt.

Tatsächlich – um im Bild zu bleiben – schieben sich unvorhergesehene andersfarbige (oder auch farblose, d.h. nicht zu Projekten gehörende) Bauklötze noch dazwischen, die Bauklötze dehnen sich aus (Aufwand unterschätzt!) oder man entdeckt irgendwo unter dem Tisch noch einen Würfel, der heruntergefallen war und darum niemandem zugeteilt wurde.

In solchen Situationen zeigt sich, dass Zeitmanagement und Projektmanagement in anderen Dimensionen oder Richtungen agieren. Als einzelne Mitarbeiterin habe ich nicht viele Entscheidungsspielräume. Ich kann mehr Stunden arbeiten, sodass ich in einer Woche mehr Bauklötze unterbringe, Terminverschiebungen aushandeln oder die Arbeit heimlich oder in Absprache weniger gründlich erledigen oder entbehrliche Teile weglassen. Damit agiere ich immer nur in der Zeitdimension.

Der Projektleiter kann quer dazu in der Mitarbeiter-Dimension verschieden: Arbeit auf andere Mitarbeiter umverteilen, zusätzliche Mitarbeiter anheuern oder sogar Aufgaben (Bauklötze) ganz streichen oder auf viel später verschieben. Abbildung 2 stellt diese Dimensionen dar.

Abbildung 2: Zeitmanagement versus Projektmanagement: Zeitmanagement agiert in der Zeitdimension, Projektmanagement zusätzlich in der Mitarbeiterdimension

Und der Freiberufler?

Der Freiberufler ist gleichzeitig Mitarbeiter und Projektleiter. Er bearbeitet Aufgaben und plant seine Zeit, entscheidet aber auch darüber, ob ein Projekt überhaupt stattfindet, vereinbart Abgabetermine und kann Aufgaben durch Unterbeauftragung an andere Personen delegieren. Das gilt gleichermaßen, ob man ein Projekt vollständig allein bearbeitet oder innerhalb eines größeren Projektes Aufgaben übernimmt.

Ich finde es wichtig, sich dabei stets bewusst zu sein, auf welcher Ebene ich gerade entscheide. Die Projektmanagement-Entscheidungen wie „Findet das Projekt statt?“, „Welchen Liefertermin kann ich versprechen?“ und „Kann ich einen Teil des Projektes an jemand anderen abgeben?“ treffe ich in der Rolle als Projektleiterin vor der Beauftragung. Für diese Entscheidungen setze ich Projektmanagement-Techniken ein wie Projektstrukturplan,  Aufwandsschätzung und Netzplanung. Nach der Beauftragung sind die Randbedingungen gesetzt und ich betreibe nur noch Zeitmanagement. Nur im Krisenfall gehe ich wieder eine Ebene „höher“ und treffe Projektmanagement-Entscheidungen wie z.B. die Verschiebung eines Termins oder Abbruch eines Projektes. Dazu muss man gedanklich tatsächlich eine Ebene höher gehen oder einen Schritt zurück treffen und statt dem täglichen Kleinklein das große Ganze sehen, auch die anderen Projekte und die Firmenstrategie.

Zum Weiterlesen

Mein Buch „Projektmanagement beim Wandern: So gelangen Sie ans Ziel!“ ist nun als E-Book bei Bookboon erschienen. Die Grundlage für dieses Buch ist die Idee, dass Projektmanagement domänenunabhängig ist, d.h. jede Art von Projekt mit denselben Techniken organisiert werden kann. Da eine Wanderung ein Projekt ist, lassen sich darauf nicht nur Projektmanagement-Methoden anwenden, sondern auch an diesem Beispiel anschaulich illustrieren. Darum habe ich einen Kurs entwickelt, bei dem wir tatsächlich auf einer Wanderung genau dies tun. Wir wandern den Stuttgarter Schlösserweg entlang (21 Kilometer) und besprechen an verschiedenen Stationen jeweils passende Themen. Und genau dieser Kurs samt Farbfotos von der Originalstrecke ist nun als Buch erschienen. Sie finden das Buch kostenlos hier:
http://bookboon.com/de/projektmanagement-beim-wandern-ebook

Mehr zum diesem Thema finden Sie auch im Leitfaden „Zeitmanagement“ im Service Bereich des Freiberufler Blogs.

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