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Zufall oder Berechnung – Big Data anders betrachtet

Der österreichische Publizist Rudi Klausnitzer ist bekannt für seine ebenso professionelle wie unterhaltsame Art, gelegentlich auch komplexe und anspruchsvolle Themen zu behandeln. Das kommt vielleicht auch daher, dass Klausnitzer eigentlich eher im Bereich der leichten Unterhaltung zuhause ist – als langjähriger Leiter des Rundfunksenders Ö3 und Chef des Pay-TV-Senders Premiere etwa.

Jetzt hat er ein populärwissenschaftliches, aber keineswegs seichtes Buch zum Thema „Big Data“ veröffentlicht: „Das Ende des Zufalls – Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht“. Er liefert dort einen Überblick über die Technologien und Lebensumstände, die für die viel diskutierte Datenflut sorgen. Kein Wunder, dass er dabei ein sehr breites Spektrum an Themen aufgreift.

Aufwändig recherchiert, gespickt mit vielen Detailinformationen und – nicht zu vergessen – ausgesprochen unterhaltsam macht der Autor tranpsarent, wie die heute erfassten Daten und logischerweise auch die Algorithmen, die zu deren Verarbeitung herangezogen werden, unser Leben beeinflussen.

Big Data – Wissen contra Zufall

Bei seinen Ausführungen geht er von der These aus, dass die Menschen umso mehr an Zufall glauben, je weniger sie über eine Sache oder ein Ereignis wissen. Umgekehrt gerate der Zufall als „steuernder“ Faktor umso mehr in den Hintergrund, je mehr etwa Wissenschaftler über unsere Welt, ihre Flora und Fauna, die täglichen Ereignisse und deren Zusammenhänge erforschen und erklären.

Ohne Zweifel liegt es in der Natur des Menschen, Situationen ausrechnen und Ereignisse vorhersagen zu wollen. Dieses Grundbedürfnis bedient das digitale Zeitalter. Die Antriebskraft für Big Data ist das Zusammentreffen der digitalen Möglichkeiten mit den archaischen Bedürfnissen, zu sammeln, zu ordnen, zu systematisieren und – das Schicksal durch Ausrechnen im Griff zu haben.

Für Big Data heißt das: Immer größere Mengen an Informationen, immer raffiniertere Algorithmen und neue Rollen machen Vorhersagen immer präziser. Nicht ohne Grund setzt Klausnitzer den Begriff Big Data sehr umfassend an und verknüpft ihn mit anderen Begriffen der digitalen Welt, in der wir heute leben: Wohnungen, deren Heizungen oder Kühlschränke Status-Informationen liefern; unser persönliches Verhalten, das via Smartphoneim wahrsten Wortsinn berechenbar wird; automatische Algorithmen, die Berge von Aktien in Millisekunden verschieben – all dies bezieht Klausnitzer in seine Big-Data-Betrachtungen ein.

Big Data betrifft uns alle

Die logische Folge: Big Data ist kein Inselthema. Big Data betrifft uns alle – und zwar sehr direkt. Weder darf es losgelöst von Themen wie Daten- oder Persönlichkeitsschutz gesehen werden, noch hört die Leistungsfähigkeit von Big Data bei Location-Based-Services auf, die ohnehin nur bedingt zu Big Data gehören. Rudi Klausnitzer zeigt beispielsweise auf, wie sich im Gesundheitswesen durch eine Analyse weltweiter Falldaten in elektronischen Gesundheitsakten neuen Wege auftun. Das Wissen der Welt wird immer dort fokussiert verfügbar, wo es benötigt wird – eine durchaus faszinierende Vorstellung.

Wie schnell sich die Welt dreht, zeigt sich unter anderem daran, dass die neue EU-Grundverordnung zum Datenschutz noch nicht Eingang in Klausnitzers, obgleich aktuelles Buch gefunden hat. Sie nämlich zieht viele der von Klausnitzer angemahnten Konsequenzen, gerade im Zusammenhang mit Big Data.

An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass Big Data nicht zwingend zum viel zitierten gläsernen Bürger führen muss. So wird beispielsweise der Abverkauf von Lebensmitteln oder anderen Produkten zwar von jedem einzelnen Verbraucher über seinen Konsum beeinflusst – für Big-Data-Szenarien im Handel ist jedoch völlig irrelevant, welche Person ein Produkt erworben hat. Relevant sind vielmehr das Wo und das Wann, um beispielsweise Warenströme für das Auffüllen der Regale besser zu steuern.

Große Datenmengen, wie sie heute noch nicht erhoben werden, können hier beispielsweise helfen, Wege und Energie zu sparen. Auch dieses Thema reißt Klausnitzer in seinem Buch an. Und er vergisst nicht darauf hinzuweisen, dass Unternehmen, die neue Erkenntnisse gewinnen und neue Wege einschlagen wollen, dafür auch neue Leute benötigen.

Schärfere Trennung der Begriffe

Zu wünschen wäre, dass eine künftige Auflage des Werks schärfer zwischen den Begriffen rings um Big Data wie Cloud, Social Media oder Crowdsourcing und dem eigentlichen Begriff Big Data trennt. Denn sonst ist früher oder später alles Irdische, zumindest das digitale, Big Data. Das ist eine nette Idee, um die Rolle von Big Data für die kommenden Jahrzehnte zu beschreiben, trägt aber anfangs eher zur Verwirrung bei.

Das Ende des Zufalls, zumindest das von Rudi Klausnitzer beschriebene, will kein Fachbuch für Informatiker, Statistiker oder Mathematiker sein. Es soll Lesern aus allen Lebensbereichen diesen ominösen, neuen Begriff „Big Data“ näherbringen. Es ist aber auch ein Buch für Menschen aus der ICT-Branche, die an einer etwas weiter gefassten Perspektive auf ihre Arbeit interessiert sind oder lebensnahe Erklärungsmuster für Außenstehende suchen.

Die anschauliche Darstellung, wie Big Data nahezu alle unsere Lebensbereiche durchdringt, wird mit mehr als 200 Quellenangaben und weiterführenden Links abgerundet. Das Datenvolumen des Buchtexts an sich erreicht mit rund 425.000 Bytes (ohne Grafiken) jedoch genauso wenig die Big-Data-Sphäre wie diese gerade einmal reichlich 5.000 Bytes lange Rezension des Titels.

„Rudi Klausnitzer: Das Ende des Zufalls – Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht“; 1. Auflage 2013, Ecowin Verlag, Salzburg; 230 Seiten mit Abbildungen; ISBN 978-3-7110-0040-8. Im Buchhandel für 21,90 Euro als gebundene Ausgabe, als elektronisches Buch für 17,99 Euro. www.ecowin.at

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