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Zukunft wertorientiert gestalten (Teil 1)

Innovation und Veränderung brauchen Stütz- und Schutzsysteme. Voraussetzung für ein positives Herangehen und Interesse an Veränderungen ist sichere Ausgangsbasis. Wertorientierte Ansätze können helfen, die Beherrschbarkeit von chaotischen Systemen realistisch einzuschätzen und bei aller Unplanbarkeit die eigenen Steuerungskompetenzen zu erhalten.

Ich werde in diesem Artikel wertorientierte Ansätze der Zukunftsgestaltung untersuchen. Insbesondere Tools der Transaktionsanalyse (TA) können Hilfestellung für Zukunftsfragen und –ängste geben.

Ansätze der Zukunftsgestaltung  und -forschung

Das zentrale Thema, wenn es um Zukunftsgestaltung geht lautet: Es gibt keine Zukunft außerhalb von uns selbst. Viele Zukunftsforschungsansätze extrapolieren vergangene Trends, was sich dann manchmal erfüllt, manchmal auch nicht oder sich im Sinne einer Self-Fulfilling-Prophecy fortsetzt (Benchmarkingeffekt).

HORX (2009) schreibt in seinem Buch „Wie wir leben werden: „Wodurch entsteht also Zukunft? Sie entsteht – erstens – durch Zufälle, an denen wir nichts oder wenig ändern können. Sie erwächst – zweitens – aus der Gesetzmäßigkeit lebendiger Systeme, die wir verstehen lernen können… Sie entwickelt sich aber vor allem – drittens – durch menschliches Handeln. Durch humane Vereinbarungen.“

Aus dieser These abgeleitet kann man 3 Quellen zum Gestalten der Zukunft untersuchen: Schicksal, Wissenschaft und menschliches Handeln. Lassen Sie mich zunächst die beiden ersten Faktoren erläutern. Beim dritten Faktor, dem menschlichen Handeln, werde ich dann aufzeigen, wie die TA einen wesentlichen Beitrag leisten kann.

1.      Schicksal

Wollen wir dem Schicksal begegnen, so kommen wir in esoterische oder religiöse Regionen. Ich persönlich halte hier Konzepte für hilfreich wie

Je nach persönlicher Neigung, Kultur, Religiosität etc. sind hier verschiedene und in der Regel eher intuitive und persönliche Zugänge zu Schicksalsfragen denkbar. An dieser Stelle mögen Sie sich selbst fragen:

2.      Wissenschaft

Neben dieser oft wenig beeinflussbaren Komponente der Zukunft, in der Zukunft eher wie ein Lottospiel erscheint, können natürlich auch wissenschaftliche Ansätze im Sinne der Erforschung von Gesetzmäßigkeiten der Zukunft (Zukunftsforschung) hilfreich sein. Doch Vorsicht: neben dem oben schon erwähnten „Self-Fullfilling-Prophecy“-Effekt des Benchmarkings kann man viele weitere Mythen und Illusionen über Zukunftsmanagement feststellen, wie z.B. die in MICIC  (20072) genannten Mythen der Machbarkeit, Vorhersagbarkeit, Beherrschbarkeit von Zukunft durch „die richtigen“ Fachleute und Methoden. Dennoch sind durch gute Beobachtung und intelligente Interpretation vorliegender Daten einige Trends ablesbar, wie z.B die Fünf-C-Ökonomie (HORX 20092, Wie wir leben werden, oder in seinem Journal „Zukunftsletter“): Computing (deutlicher Trend zum digitalen Lebensstil), Caring, Catering, Consulting, Coaching, oder den deutlichen Rückgang von sicheren Arbeitsplätzen oder abhaltenden Trend zur Verjüngungskultur.

Interessant ist auch HORX`s Hinweise, dass es notwendig sein wird, eine neue Metaethik zu etablieren, die die neue Komplexität der Welt abbildet und die derzeitige Komplexität von Demokratien übersteigt. Kernfrage wird sein: Leider (oder glücklicherweise) kann Zukunftsforschung nicht als „harte“ Wissenschaft gelten, die mit hohem Prognosewert die Zukunft vorhersagt, es bleibt immer mehr oder weniger viel Ungewissheit:

„Geht ein Mensch von Gewissheiten aus, wird er im Zweifel enden; gibt er sich aber damit zufrieden, von Zweifeln auszugehen, wird er am Ende Gewissheit haben“ (Francis Bacon).

3.      Menschliches Handeln und praktische Tools zur Zukunftsbewältigung

Welch ein Glück – neben Schicksal und prognostizierbarer Determination steht uns der freie Wille zur Verfügung, ist unser persönliches Handeln relevant. Wir selbst konstruieren unsere Wirklichkeit und Zukunft und können uns darauf verlassen:

„Es steht uns immer frei, entsprechend jener Zukunft zu handeln, die wir uns schaffen wollen.“ (Heinz von Förster in RADATZ 2003)

In der Transaktionsanalyse wird dieser Focus auf das menschliche Handeln als Autonomie bezeichnet: verantwortliche Selbststeuerung und Professionalität.

Autonomie

Autonomie im Organisationskontext ist die Fähigkeit zur Selbststeuerung in Kontakt mit anderen Menschen unter Beachtung der Komplexität der Systeme (KREYENBERG 2007). Das in der TA vorrangige Streben nach einer guten Autonomie in Beziehung stellt ein wertorientiertes Leitziel dar, das definiert ist durch (nach Schlegel 1993):

Man kann die Hauptkriterien von Autonomie umschreiben mit Bewusstheit, Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit:

Entscheidungsorientierung

Die Gestaltung der eigenen Zukunft erfordert Denken in Optionen und Wahlmöglichkeiten. Dabei geht es sowohl im „bewusste“, (Erwachsenen-Ich)-Entscheidungen, als auch darum, das „Kind“ mitzunehmen, Unbewusstes, Emotionen, Bedürfnisse etc. Die zentrale Frage „Was braucht es, damit alle (innerlich und äußerlich) mitmachen“ ist auch der Ausgangspunkt für Vereinbarungen, Motivation, Zielreichung und Teamarbeit.

Dabei wird besonders erwachsenes, realitätsangemessenes, klärendes und problemlösendes Denken gefördert. Also nicht grübeln oder beurteilen, sondern die Realität prüfen (Fakten und Emotionen), Informationen sammeln und bewerten, den Kontext einbeziehen, Alternativen wahrnehmen,  Hypothesen entwickeln, sich entscheiden und kleine Schritte planen. So wird ein psychischer Zustand von Stabilität erreicht, von Gelassenheit statt Besorgtheit.

Skriptglaubenssätze und (auch kulturelle) Trübungen können bewusst gemacht und überwunden werden, z.B. könnte ein kulturell weit verbreiteter Skriptsatz in Bezug auf Zukunftspläne den Titel „Bescheidenheit“ haben („Schuster bleib bei deinen Leisten, Übermut tut selten gut, Vögel die morgens pfeifen holt abends die Katz“ etc.). Entscheidungsorientiert könnte man hier verschiedene methodische Ansätze wählen. Oft geht es darum, unverfälschte ursprüngliche Kind-Bedürfnisse zu entdecken: „Was will ich wirklich?“ Und was davon ist nicht mehr realistisch, Skript oder einfach überholt? Hier sind drei Reflexionsfragen hilfreich:

Oft liegt Entscheidungsfragen inzwischen aber auch die Auswahl eines Zuviel an Optionen zugrunde. Hier gilt es auch, eine innere Entscheidungsinstanz zu stärken, die sowohl die bestmöglichen Alternativen analysieren, als auch zur Ungewissheit von Entscheidungen stehen kann und das Konzept „DIE richtige Wahl treffen (ohne einen Preis dafür zahlen zu müssen)“ als Illusion erkennt. Kulturell begegnet dies dem externen Dienstleister oft in Form der Haltung „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß“. Verantwortungsethik setzt hier Akzente und nimmt auch die Nachteile von Entscheidungen in Kauf.

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